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Untere Hauptlagerschale Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff mit Polymer Beschichtung  Die Riefen sind bis zur Aluminium-Legierungsschicht abgetragen.

Schäden an Gleitlagern durch Partikeleinwirkung

KS | Kolbenschmidt | Motorservice

Was passiert, wenn Fremdkörper in das Gleitlager gelangen? Wann muss das Lager gewechselt werden? Und was muss man bei der Montage des Lagers beachten? Eine Beschreibung möglicher Ursachen von Gleitlagerschäden durch Partikeleinwirkung und wie Sie beim Austausch vorgehen sollten, finden Sie hier.

Wenn Fremdpartikel in den Schmierspalt zwischen Lager und Wellenzapfen gelangen, ist die Gefahr eines Lagerschadens groß. Aufgrund sehr geringen Schmierfilmdicken können bereits kleine Partikel den Betrieb stören und zu Mischreibung führen. Sie können in die Gleit- bzw. Laufschicht eingebettet und damit „unschädlich“ gemacht werden. Die dabei aufgeworfenen Ränder werden bei Wellenkontakt geplättet. Partikel, deren Größe die Dicke der Gleitbzw. Laufschicht übersteigt, können nicht vollständig eingebettet werden. Der überstehende Teil führt zum Verschleiß des Wellenzapfens in Form von Riefen. Stark ausgebildete Riefen senken die zu erwartende Lebensdauer und können Lagerfresser begünstigen.

Bereits bei der Herstellung oder auch der Instandsetzung eines Motors können Partikel in den Motorblock gelangen und sich festsetzen. Dies kann beispielsweise beim Sand- oder Glasstrahlen eines Motorblocks der Fall sein. Aber auch im Betrieb können Schmutzteilchen „entstehen“ (z. B. Ruß oder Ölkohle) oder eingeschleust werden. Ungenügende Wartung des Schmierstoffsystems oder extreme äußere Einwirkungen fördern zusätzlich den Schmutzeintrag in den Schmierstoffkreislauf. Auch beschädigte Nachbarlager oder andere beschädigte Motorkomponenten können Partikel in den Ölkreislauf einspeisen. Generell ist die Gefahr von Schäden durch Partikeleinwirkung im Hauptlager größer als im Pleuellager. Pleuellager werden über Bohrungen in der Kurbelwelle mit Öl aus den Hauptlagern versorgt, sodass die Hauptlager vom Öl zuerst  durchlaufen werden (siehe Abb.). Größere Partikel werden bereits im Hauptlager eingebettet und gelangen so meist nicht bis ins Pleuellager.

Um Aufschluss über die Partikelherkunft zu erlangen, können eine Analyse des Lagers und eine Probenentnahme des Öls sinnvoll sein.

Mögliche Ursachen

  • unsaubere Montage: durch Unachtsamkeit oder ungenügende Reinigung der Motorenkomponenten bei der Montage kann Schmutz in den Motorblock gelangen
  • Rückstände, wie Metallspäne oder zurückgebliebenes Strahlgut aus der Fertigung oder Überholung, können im Motorblock Ablagerungen bilden, diese lösen sich im Betrieb – oftmals sind es auch Ablagerungen aus Anbauteilen, wie z. B. dem Ölkühler, die bei der Motoreninstandsetzung nicht ausreichend gereinigt wurden
  • Schäden an Dichtungen im Motorbereich: wird eine Dichtung übermäßig belastet oder beim Einbau beschädigt, erfüllt sie nicht mehr ihre Funktion und Partikel können eindringen
  • mangelnde Wartung des Schmierstoffsystems: überzogene Inspektionsintervalle oder verstopfte Ölfilter können zu Schmutzanreicherung im Öl führen
  • Kavitation: Partikel werden aus dem Lagermaterial gebrochen und durch das Öl weiter getragen – diese können, je nach Größe, im Lager oder im Nachbarlager zu Riefenbildung oder feinen Einbettungen führen
  • Fresser: gefressene Motorkomponenten (Kolben, Lagerschalen) schleusen eine Vielzahl an Partikeln in den Schmierstoffkreislauf ein, die wiederum zu Schäden an anderen Komponenten führen können
  • Ermüdungsschäden: liegen Materialausbrüche an Motorkomponenten vor, kann ausgebrochenes Material durch das Öl weiter in die Lager getragen werden und hier Schäden verursachen

Abhilfe

Generell können Lager trotz Riefenbildung oder eingebetteter Partikel weiter verwendet werden. Dies hängt allerdings vom Ausmaß der Schädigung ab. Sind beispielsweise zahlreiche große Partikeleindrücke mit bereits einsetzenden Mischreibungsspuren durch Materialaufwürfe vorhanden, ist es ratsam, das Lager zu wechseln. Feine Partikeleindrücke schränken die Funktion des Lagers nicht ein. In beiden Fällen sollte dennoch die Ursache geklärt werden:

  • Reinigung aller Komponenten vor Montage: wichtig ist, dass alle Ölbohrungen in Welle und Gehäuse vor Inbetriebnahme ausgespült werden und Lagersitzflächen gereinigt werden, damit kleine Späne und Partikel aus der Fertigung bzw. Instandsetzung entfernt werden – auch Ölkanäle von Anbauteilen, wie z. B. Ölkühler und Turbolader, müssen gründlich gereinigt werden
  • Dichtungen auf Funktionalität überprüfen
  • Wechsel von Ölfilter und Öl stets nach Herstellerangaben durchführen: darauf achten, dass Inspektionsintervalle eingehalten werden und nur qualitativ ausreichendes Öl und Ölfilter verwendet werden
  • Filtrierung der Ansaugluft: Filter regelmäßig warten, gegebenenfalls austauschen
  • andere Motorkomponenten auf Schäden wie Kavitation, Ermüdung oder Fressern überprüfen – Gleitlagerschäden durch Partikeleinwirkung sind häufig Folgeschäden
  • ist kein Partikeleinfluss feststellbar, kann eine Analyse geschädigter Lagerschalen und eine Ölprobe Aufschluss geben: sind noch Partikel in das Lager eingebettet oder im Öl vorhanden, kann deren chemische Zusammensetzung ermittelt werden – handelt es sich z. B. um Material aus der Kurbelwelle, kann hier genauer auf Schäden geprüft werden
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1 Stahlrücken 2 Ölfilm 3 Welle 4 Partikel
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Riefenbildung

Beschreibung

  • strichartige Vertiefungen in Gleitrichtung mit Materialaufwürfen an Rändern
  • Aufwürfe teilweise wieder durch Verschleiß eingeebnet, hell glänzend
  • meist im Einklang mit Riefenbildung oder eingebetteten Partikeln in der Kurbelwelle oder Nachbarlagern

Beurteilung

Partikel, die in den Schmierstoffspalt geraten und nicht in das Lagermaterial eingebettet werden, werden mehrfach durch den Spalt gezwängt und verursachen dabei Riefen. Je nach Stärke der dabei aufgeworfenen Ränder können diese im weiteren Betrieb nicht geplättet werden und es erfolgt durch erhöhte Mischreibung ein Temperaturanstieg bei Wellenkontakt. Dies führt häufig zu Anreibern und Fressern. Die Riefenbildung kann auch eine Folge von Mischreibungseinwirkungen sein. Hierbei treten die Riefen jedoch fein und flächenförmig und an beiden Gleitpartnern auf.

Abhilfe

Wenn Riefen mit starken Aufwürfen an den Rändern vorhanden sind, muss das Lager ausgetauscht werden. Sind jedoch Riefen vorhanden, deren Aufwürfe eingeebnet sind und es ist kein weiterer Partikeleinfluss mehr zu erwarten, können die Lager weiter verwendet werden.

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Stangenseitige Pleuellagerschale Stahl-Messing-Verbundwerkstoff mit Sputter-Beschichtung Die Riefe reicht bis zur Messingschicht. Es sind helle Verschleißspuren neben den Riefen durch geglättete Aufwürfe entstanden.
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Untere Hauptlagerschale Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff mit Polymer Beschichtung Die Riefen sind bis zur Aluminium-Legierungsschicht abgetragen.

Einbettung

Beschreibung

  • vernarbte Oberfläche
  • Partikeleindrücke (teilweise Partikel noch enthalten) umgeben von einem Aufwurf, der durch Verschleiß als hellglänzender Punkt sichtbar ist
  • häufig einhergehend mit Riefenbildung im Zapfen und Lager
  • in schwerwiegenden Fällen sind von Einbettungen ausgehend Anreiber sichtbar

Beurteilung

Partikel, die in den Schmierstoffspalt geraten, können in das Lagermaterial eingebettet werden. In Abhängigkeit von Dicke der Gleit-/Laufschicht kann man in Tief- und Flacheinbettung unterscheiden. Bei der Tiefeneinbettung werden die Partikel vollständig in die Gleit- bzw. Laufschicht integriert. Dies ist nur möglich, wenn die Partikelgröße kleiner als die Dicke der Schicht ist. Das bei der Einbettung aufgeworfene Lagermaterial wird bei den folgenden Berührungen mit der Welle durch Verschleiß geplättet. Flacheinbettung findet statt, wenn die Größe des Partikels die Dicke der Schicht übersteigt. Die Partikel werden  unvollständig eingebettet und ragen aus der Lageroberfläche hervor. Sie erzeugen Verschleiß und Riefenbildung auf der Zapfenoberfläche.

Durch Randaufwerfungen oder Überstände von nicht vollständig eingebetteten Partikeln wird der Aufbau des Schmierstofffilms gestört, es kann zu Mischreibungszuständen kommen. Auch der sogenannte Wollabrieb ist eine mögliche Folge. Dabei schneiden die eingebetteten Partikel in die Oberfläche der Welle und entfernen Material (Spanwolle). Die ausgelösten Partikel, die abermals eingebettet werden, treiben den Lagerschaden voran und oftmals ist ein Totalschaden von Zapfen und Lager nicht zu vermeiden. Eine Folge von Partikeleinbettungen können also Anreiber und Fresser sein.

Abhilfe

Wenn große Partikeleinbettungen in Zusammenhang mit beginnendem Verschleiß von Zapfen und Lager vorhanden sind, muss das Lager getauscht werden. Sind feine Partikeleinbettungen vorhanden, deren Aufwürfe geplättet wurden, und es ist kein weiterer Partikeleinfluss mehr zu erwarten, ist die Funktion des Lagers nicht beeinträchtigt.

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Deckelseitige Pleuellagerschale Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff Feine Partikeleindrücke und vereinzelte Riefenbildungen sind sichtbar.
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Untere Hauptlagerschale Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff Große Partikeleindrücke ohne eingebettete Partikel sind sichtbar. Die Partikel haben zu Materialaufwürfen geführt, die einen Anreiber in der Lagermitte hervorgerufen haben.
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Untere Hauptlagerschale Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff Eine Schmutzwanderspur, ausgehend von der Teilfläche, ist aufgetreten. Mehrere große Partikeleindrücke hintereinander – schräg verlaufend – sind sichtbar. Teilweise sind noch eingebettete Partikel vorhanden.

Schmutzwanderspur

Beschreibung

  • einzelne, hintereinander liegende Eindrücke sind zu Spuren angeordnet, an deren Ende können noch Partikel eingebettet sein
  • in der Regel schräg zur Lagerkante verlaufend
  • ausgehend von Ölnuten oder Schmierlöchern
  • häufig einhergehend mit Riefenbildung
  • im Zapfen und Riefenbildung/Partikeleinbettung im Lager

Beurteilung

Sehr große und harte Partikel, die in den Schmierstoffspalt geraten, können nicht in das Lagermaterial eingebettet werden. Sie werden dann durch den Schmierstoffspalt gezwängt, bleiben dabei allerdings immer wieder hängen. Häufig geht das Erscheinungsbild von Ölnuten oder Ölbohrungen aus, da hier die Partikel eingeschleust wurden. Starke Aufwürfe entlang der Wanderspur führen zu Anreibern und Fressern.

Abhilfe

Wenn starke Aufwürfe entlang der Wanderspur oder Anzeichen eines Anreibers vorhanden sind, muss das Lager ausgetauscht werden. Die Lager können jedoch weiter verwendet werden, wenn die Aufwürfe eingeebnet sind und es keinen weiteren Partikeleinfluss mehr zu befürchten gibt.

Unterleger am Lagerrücken

Beschreibung

  • lokal begrenzte Abweichung des Tragbilds
  • heller Verschleißpunkt in der Lauffläche
  • oft Partikelrückstände/Eindrücke auf dem Stahlrücken des Lagers
  • bei schwerwiegenden Fällen starke Mischreibungsspuren in Form von Anreibern und Ermüdungserscheinungen in Lagerlauffläche erkennbar

Beurteilung

Durch Schmutz oder Ölrückstände (Ölkohle) am Lagerrücken entstehen örtliche Druckstellen, die auf der Lagerlauffläche erkennbar werden. An der Innenstelle des Lagers erfolgt durch den Druck ein erhöhter  Verschleiß gegenüber dem restlichen Bereich des Lagers. Dieser ist als auffällige, meist hell glänzende Abweichung von der Tragspur zu erkennen. Folgen können je nach Ausmaß der Druckstellen Anreiber und Fresser sowie Ermüdungsschäden sein.

Abhilfe

Ob das Lager weiter verwendet werden kann, hängt vom Verschleißfortschritt der Laufschicht ab. Sobald Anreiber oder Ermüdungserscheinungen wie Risse oder Ausbrüche im Bereich der Druckstelle auftreten, sollte das Lager ausgetauscht werden, da sonst ein Totalschaden befürchtet werden muss. Ausgebrochenes Material kann zu einem Folgeschaden in demselben oder einem benachbarten Lager führen.

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Untere Hauptlagerschale Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff Es sind eine deutliche Abweichung des Tragbilds sowie punktförmiger Verschleiß in der Lauffläche zu erkennen. Die Druckstelle ist durch Partikel am Lagerrücken entstanden.
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1 Gehäuse 2 Welle 3 Partikel
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Bild Lagerrücken

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